Systemvergleich 1995 fünf Jahre nach der
Wandlung vom Volkseigenen Betrieb zur Aktiengesellschaft.
9 Interviews mit langjährigen Mitarbeitern. Die Interviews
wurden von der Diplomandin der Universität Rostock Frau Sabine
Brucks geführt und aufgeschrieben. Sie hat die Aussagen
lakonisch kurz wiedergegeben. Dadurch entstand zwar ein
übersichtlicher Text, aber um den Preis eines flüssig lesbaren
Stils.
1. Interview mit Gerhard Kleist.
Einige umgewandelte Struktureinheiten mit
analogen Aufgaben
1988 |
heute |
Hauptabteilung
Energieabrechnung |
Abt. Verkaufsabrechnung |
Anschlußwesen in den
Ingenieurbereichen Elt-Verteilung |
Anschlußwesen in der Abt.
Stromanwendung und -versorgung |
Bezirksstelle für
rationelle Energieanwendung mit den Abteilungen
Territorialer Energieträgereinsatz, Energieanwendung,
Energielenkung und -planung, Brennstoffversorgung |
Abt. Vertriebswirtschaft |
Meisterbereiche
Zählerwesen in den EV-Betrieben plus 2 Mitarbeiter im
Fachbereich Produktion |
Abt. Meß- und Zählerwesen |
Abteilung
Energieanwendung |
Gruppe Kundenberatung |
- Meß- und Zählerwesen unterstand den jeweiligen Direktoren
der Energieversorgungsbetriebe Schwerin, Ludwigslust und
Güstrow. Zu den Aufgaben gehörte beispielsweise die Abnahme der
Zähler. War unmittelbar dem produktiven Bereich zugeordnet. Im
Fachbereich Produktion waren 2 Personen zuständig für die
Koordinierung der allgemeinen Arbeiten, z.B. Planung der Anzahl
der Zähler, Zählerprüfung in Oranienburg u.a.
- das damalige Anschlußwesen wurde repräsentiert durch
Mitarbeiter in den Ingenieurbereichen Elt-Verteilung, fachlich
zentralisiert in der Abt. Betrieb Elt. Heute ist es
zentralisiert in der Abt. Stromanwendung und -versorgung.
- Das Energiekombinat führte die Versorgung mit
Elektroenergie, Gas und Fernwärme durch und der Bereich Energie-
und Brennstoffökonomie des EK war verantwortlich für die gesamte
energetische Struktur des Territoriums, z.B. laufende Planung
und künftige Entwicklung. Die Betriebe mußten hier für
Neuanlagen den Antrag für die Energieversorgung stellen.
- Der Bereich Energie- und Brennstoffökonomie hatte große
Bedeutung für das Territorium. Von hier aus erfolgte die
Steuerung des rationellen Umgangs mit Energie für alle Betriebe.
- Die Basis für die Planung und Steuerung waren immer die
begrenzt verfügbaren Ressourcen.
- Anträge auf Strom wurden hier geprüft, z.B Zuckerfabrik,
Fliesenwerk etc. Alle innerbetrieblichen Zusammenhänge
verschiedenster Betriebe mußten bekannt sein und verstanden
werden.
- Großer Zugriff auf die Energieversorgungsstrukturen der
Betriebe innerhalb des Territoriums.
- Wenn nicht genügend Strom erzeugt wurde, Lastverteilung auf
Nachtarbeit der Maschinen. Der Lohn war zwar nachts höher, aber
das war nicht wichtig.
- Strompreise waren Festpreise, nur für die Industrie gab es
Preisänderungen. Sie folgten jedoch nicht den
Herstellungskosten.
- Die Betriebe arbeiteten lieber mit Öl als mit Braunkohle.
Braunkohle war unsauber und gefror im Winter in den offenen
Lagern.
- Der Öleinsatz war über Preiserhöhungen nicht steuerbar,
darum gab es nach einiger Zeit Abnahmezwang für Braunkohle.
- Zwischen sozialistischen Ländern erfolgte der Austausch
Ware gegen Ware, z.B. Öl gegen Schiffe. Nach der Ölpreiskrise
hatten die Werften der DDR jedoch nicht genug Kapazitäten, um
entsprechend mehr Schiffe an die SU zu liefern. Also dann Öl
gegen Schiffe + Fliesen.
- Dann Verbot der Nutzung von Öl. Alles mußte umgestellt
werden. Wahnsinnig teure Umstellung. Notdürftig wurden aus
Ölkesseln Kohlekessel gemacht, weil Kesselbaukapazitäten nicht
reichten. In einem Jahr mußte die Umstellung vollzogen sein
(Klugheit erforderlich, sonst rollten Köpfe).
- Die damaligen Aufgaben territorialer Energieeinsatz und
Energielenkung und -planung sind heute bei der Abt.
Vertriebswirtschaft. Dabei ist die Aufgabe, die Spitzenzeiten
auszuloten, um den aus dem Verbundnetz eingespeisten Strom zu
verteilen, heute nicht mehr nötig.
- Damals gab es nur bedarfsorientierte Steigerungen, während
heute die Steigerungen verkaufsorientiert sind.
1988 |
|
heute |
So wenig wie möglich Energie verkaufen.
Reine Dienstleistungen, um die störungsfreie Versorgung
zu sichern |
|
Soviel wie möglich Energie verkaufen, um
Gewinne zu erzielen. |
- Die Aufgaben der heutigen Gruppe Kundenberatung wurden
früher, wenn auch in weit geringerem Maße, von der Abt.
Energieanwendung wahrgenommen. Eine Kundenberatung im heutigen
Sinne gab es nicht. Sie bezog sich damals im wesentlichen auf
betriebliche Kunden. Natürlich wurden auch Privatkunden beraten,
wenn sie sich beispielsweise eine Gasheizung einbauen lassen
wollten. Aber das passierte weitaus seltener. In den
EV-Betrieben gab es keine strukturmäßigen Kundenberatungen.
- Inhalt der Beratungen:
- z.B. Umstellung Glühlampen auf Leuchtstofflampen,
Umstellung von Wärmeerzeugung, Maschinenzeiten variieren,
Frühstückszeiten variieren, Wärmerückgewinnung aus
Dampfkondensat.
- Beurteilung der Kostensenkung beim Rückgang des
Energieverbrauchs
- Witschaftlichkeitsrechnungen für den Energieeinsatz
- Ab Mitte der 60-er Jahre Beurteilung der eigenen
Investitionen nach der Rücklaufdauer, Erarbeitung von Verträgen
mit dem Abnehmer (z.B. LPG) über Beteiligungen. Auf Anweisung
vom Minister Vermeidung zu hoher Investitionen.
Diplommathematiker führten Aufwandsbetrachtungen durch über
Rücklaufquote von Investitionen.
- Stromeinkauf früher bei VEB Verbundnetz (überregional) mit
Spannungsebenen 220 kV und 380 kV. Heute Stromeinkauf durch Abt.
Vertriebswirtschaft bei überregionaler VEAG.
- Für den Bedarf der Haushalte war die Stromversorgung
gesichert. Für diese gab es sehr begrenzte Möglichkeiten der
Heizung mit Elektroenergie. Die Möglichkeiten für Raumwärme mit
Gas und Öl waren limitiert.
- Wenn zu wenig Strom vorhanden war, ging dies zu Lasten der
Industrie. Das Primat lag bei der Bevölkerung. Die Industrie kam
mit Einschränkungen erstmal auch zurecht, da sie sich generell
mehr Strom anforderte, als sie wirklich benötigte.
- Es wurde gepokert: wenn der Winter milde wird, schaffen wir
es.
- Es existierten sensible Bereiche, die immer mit Strom
versorgt werden mußten, z.B. Krankenhäuser, Tierhaltung,
Gewächshäuser.
- Die Mitarbeiter, die alle diese Aufgaben (Sicherung der
Versorgung bei Einhaltung der Planwerte) zu koordinieren hatten,
steigerten nicht das Produktionspotential, waren aber trotzdem
unabdinglich.
- Nicht immer ging alles glatt. Z.B. als mitten im Winter 2
Maschinen mit je 500 MW im Kraftwerk Boxberg ausfielen oder als
Winterstürme viele Freileitungen zerstörten.
- Im ärgsten Fall gab es dann schon mal
Ortsverteilschaltungen nach Stadtvierteln, z.B 7:00 - 9:00 Uhr
Stromversorgung der Betriebe in Lankow, 9:00 - 11:00 Uhr
Stromversorgung der Betriebe in Schwerin-Süd.
2. Interview mit Jochen Stopperam
Unter einem Kombinat versteht man die Zusammenfassung
der Betriebe, die für eine bestimmte Erzeugnisgruppe eng
miteinander verbunden sind.
- Die Leitung der Kombinate erfolgte durch
Kombinatsdirektoren, ab 1986 Generaldirektoren. Die
Generaldirektoren waren verantwortlich für die Planvorgaben an
die Kombinatsbetriebe.
- Gesetzlich vorgeschriebene Funktionselemente eines
Kombinates waren: Generaldirektor, Direktoren der VEB,
Abteilungsleiter
- Alles andere wurde nach Bedarf eingerichtet, z.B die Anzahl
der notwendigen Fachdirektoren. Wenn viele Abteilungsleiter,
Gruppenleiter, Ingenieurbereichsleiter, dann Zusammenfassung zu
Hauptabteilungen nach dem Motto: einem Direktor sollten nicht
mehr als 6 - 8 Struktureinheiten unterstellt sein.
- Die Befugnisse der einzelnen Leitungsebenen waren
abgestuft, fachlich durch die Geschäftsordnung und personell
durch die Arbeitsordnung.
- Pläne wurden zentral erarbeitet und zugeteilt.
Verantwortlich für die Planung im Betrieb war der Direktor für
Ökonomie, aber nur für Ausarbeitung und Ablieferung, nicht für
die Vorgabe der Hauptkennziffern.
Planungshierarchie zu DDR-Zeiten: 1.
Planungseinrichtungen in den Betrieben, 2. Planungseinrichtungen
in den Kombinaten, 3. Territoriale Planbehörden (Kreise und
Bezirke), 4. Staatliche Plankommission.
- Die Staatliche Plankommission arbeitete mit Hilfe von
Plankennziffern und Bilanzierungs-Systemen, z.B. Leistungen im
Bauwesen waren mit Baumaterial zu bilanzieren,
Berufsausbildungskapazitäten waren mit Schulabgängeraufkommen zu
bilanzieren usw.
- Problem: Die Staatliche Plankommission fing erst spät an,
Pläne mit elektronischen Werkzeugen zu erstellen. Davor wurde
die Planung von Tausenden Erzeugnissen und Leistungen nur per
Hand bearbeitet.
- Weiteres Problem: Widerspruch zwischen dem Bestreben der
Planungsorgane, keine Polster zuzulassen und dem Bestreben der
Betriebe, sich durch Polster abzusichern.
- Weiteres Problem: Erzeugnisse und Leistungen wurden
vielfach nicht nach Wert dargestellt, es gab Industriepreise,
Endverbraucherpreise und Zwischenformen. Das hatte zur Folge,
daß die gegenständliche Planung (Planung nach Produkten) und die
finanzielle Planung immer mehr auseinanderklafften.
Nähere Erläuterungen zum Aufbau des Energiekombinates
Schwerin
- Dem Generaldirektor waren die Fachbereiche sowie die
Kombinatsbetriebe Schwerin, Güstrow und Ludwigslust direkt
unterstellt, hatten gemeinsame Kontenabrechnung, es ging alles
in den großen Topf des Kombinates.
- Der VEB Kohlehandel war zwar auch dem Generaldirektor
unterstellt, war aber ein selbständiger Volkseigener Betrieb mit
eigener Buchhaltung und eigener Bilanz.
- In ihrer Ebene konnten die Betriebsdirektoren selbständig
entscheiden, die Pläne wurden ihnen jedoch vom Kombinat
vorgegeben und sie mußten die Ergebnisse an das Kombinat
berichten.
- Ende der 80-er Jahre wurde versucht, die Hirarchie flacher
zu bekommen, indem der Generaldirektor auch Direktor eines
Stammbetriebes wurde. Im EK Schwerin sollte die
Energieversorgung Schwerin Stammbetrieb sein.
- Durch gleichzeitige Erweiterung des "Fachbereiches
Produktion" versuchte der Generaldirektor die Überforderung
durch eine sehr große Leitungsspanne zu vermeiden. Trotz
flacherer Hierarchie wurde so der "Wasserkopf" nicht weniger.
- Das Problem war jedoch nicht die Aufbauorganisation
(Struktur) der Betriebe. Sie war aus der täglichen Arbeit
entstanden, in der praktischen Arbeit begründet. Deshalb sind
dort erstmal keine systematischen Fehler zu finden, sie war
nicht unsinnig.
- Das Problem waren die Grundlagen des Wirtschaftssystems:
Die Politik bestimmte die Ziele der Wirtschaft, sie bestimmte
z.B. die Preise (Brötchen über Jahrzehnte fest 5 Pf., Strom über
Jahrzehnte fest 8 Pf. usw.), die Politik bestimmte die
Proportionen der Wirtschaft, sie dominierte die Ökonomie. Das
Werkzeug dafür waren die Planungsorgane.
Planwirtschaft |
Marktwirtschaft |
Hauptaufgabe war die unterbrechungsfreie
Versorgung der Abnehmer (Kunden) mit Strom, Gas und
Fernwärme. Dazu wurden Beiträge aus verschiedenen
Strukturbereichen geleistet. Der Kunde hatte seine
Ansprechpartner direkt in dem jeweiligen mit dem Problem
befaßten Bereich. |
Zentrale Bedeutung hat die Arbeit mit
den Stromkunden, deshalb Ansprechpartner zusammengefaßt
in einer Abteilung. Weiterreichung der Probleme an die
bearbeitenden Bereiche. Das dauert. |
Der Ölpreisschock 1981/82 hatte zur Folge, daß fast
die gesamte Energieversorgung aus eigenen Ressourcen
(Braunkohle) erzeugt werden mußte. Daraus folgten Umweltschäden
durch Schwefeloxide, Staub und Asche. Umstellung aller Betriebe
von Öl auf Braunkohle. Im Gaskombinat "Schwarze Pumpe" wurde in
großem Umfang Gas aus Braunkohle gewonnen.
3. Interview mit Eberhard Mülbe
Aufgaben der Abteilungen des Direktorates für Energie- und
Brennstoffökonomie im Energiekombinat
Abt. Territorialer Energieträgereinsatz: Energieplanung für
neue Versorgungsgebiete, Entscheidungen zu Kontingenten, z.B.
für Heizgas.
Abt. Energieanwendung: Kundenberatung,
energiewirtschaftlichen Untersuchungen, Durchführung der
Kontrollen (resultierend aus der staatlichen Energieverordnung),
Prüfung der Betriebe zur wirtschaftlichen Energieverwendung
(Kontingenteinhaltung, Energieeinsparungen, effektive
Energienutzung), Zuarbeit zur territorialen Energieplanung
Abt. Brennstoffversorgung: Lenkung der Kohleversorgung,
einschl. Beschaffung und Kontingentierung
Abt. Energielenkung und -planung: Stromeinkauf und
-beschaffung, Führung der Energiestatistik, Durchführung von
Analysen, Umsetzung der Planvorgaben, Kontingentierung
Abt. Leistungsabrechnung: Abrechnung der Leistungen des
Kombinates gegenüber dem Kunden, soweit es Leistungen außerhalb
des Energieabsatzes sind
Hauptabteilung Energeiabrechnung: Abrechnung aller Formen des
Energieabsatzes gegenüber dem Kunden
Ein Vertriebsbereich im heutigen Sinne war zu
DDR-Zeiten nicht existent. Die heutige Hauptabteilung
Stromvertrieb umfaßt, grob gesagt, Vertrieb, Einkauf und
Verkauf. Sie ist kundenorientiert.
In der Hauptabteilung Stromvertrieb gibt es die Abt.
Vertriebswirtschaft mit 12 Mitarbeitern, die u.a. die Aufgabe
haben, mit den Städten und Gemeinden zusammenzuarbeiten. Z.B.
werden mit denselben Konzessionsverträge abgeschlossen. Die
Städte und Gemeinden haben zwei Möglichkeiten, sich mit Strom zu
versorgen: Die Selbstversorgung (Stadtwerke) oder die Versorgung
durch EVU verbunden mit Konzessionsverträgen.
Für die WEMAG ergibt sich aus einem Konzessionsvertrag
folgender Vorteil: Sie erhält das Wegenutzungsrecht, d.h. sie
kann öffentliche Straßen und Wege dazu nutzen, ihre
Stromleitungen zu verlegen. Außerdem sind die Stromabnehmer dort
dann WEMAG-Kunden.
Die Städte und Gemeinden haben aus dem Konzessionsvertrag
folgende Vorteile: Einnahmequelle Konzessionsabgabe, Wegfall der
Konzessionsabgabe im Strompreis für den gemeindlichen Verbrauch
(Straßenbeleuchtung, Schule, Kindergarten u.a.), Unterstützung
der WEMAG für kommunale Energieprojekte
Die Konzessionsverträge dauern 20 Jahre und sichern somit der
WEMAG über lange Zeit einen festen Kundenkreis. Derzeit hat die
WEMAG Verträge mit 389 Städten und Gemeinden von 399 im
Versorgungsgebiet vorhandenen.
Zu denen, die nicht in einem Konzessionsvertrag mit der WEMAG
stehen, gehören Schwerin, Güstrow, Boizenburg (mit Anschluß an
Lauenburg) und Wittenberge. Das ist nachteilig für die WEMAG,
denn gerade in den größeren Städten befinden sich die meisten
Kunden. Die Städte Parchim, Ludwigslust, Grabow, Lübz, Brüel und
Hagenow streben ebenfalls die Stromversorgung durch eigene
Stadtwerke an und haben deswegen keinen Konzessionsvertrag
abgeschlossen.
Früher war die Energieversorgung staatlich geregelt. Es gab
15 Bezirke in der DDR und ebenso viele Energiekombinate.
Gemeinden und Städte waren in der Energieversorgung ohne
Mitspracherecht. Heute gehört ihnen ein Aktienanteil von 49 % an
der WEMAG (die aber z.Z. noch durch die Treuhand gehalten
werden). Die anderen 51 % hält die HEW.
Früher: Verwaltung des Energiemangels, feste Energiepreise
Heute: WEMAG als Stromanbieter will verkaufen und ist ein
Dienstleistungsunternehmen. Die Preise orientieren sich an den
Kosten (hauptsächlich Stromeinkauf und Personal). Heute gibt es
die Tarifkunden und rund 1700 Sondervertragskunden. Die
Preiskalkulation für Sondervertragskunden wird in Bezug zu den
VEAG-Bezugspreisen und zum Abnahmeverhalten des Kunden (z.B.
morgens, nachts) gesetzt. Die Vertriebswirtschaft erarbeitet die
Grundlagen für den Stromein- und -verkauf.
Heute wird mit dem Energieabrechnungssystem EAS gearbeitet,
für das u.a. die Lokationsdaten Ort/Ortsteil/Straße usw. geplegt
werden müssen.
Kurzer historischer Abriß der Umwandlung
Nach der Wende als erstes Ausgliederung des Kohlehandels
Im 1.Halbjahr 1990 Kontakte mit der Schleswag AG. Es erfolgte
eine leichte Anpassung der Struktur, zeitweise gab es die Abt.
Energiewirtschaft.
Dann kam der Stromvertrag vom 22.08.1990. Neue Aufgaben
wurden schrittweise in Angriff genommen, mit noch gemischter
Struktur. Ende 1991 Anpassung an die Struktur der HEW. Ab
01.11.1991 Hauptabteilung Vertrieb, dann Stellenausschreibungen.
Früher Abrechnung mit System ESER auf den ESER-Großrechnern
(teilweise mit handschriftlicher Erfassung bei 286 000 Kunden).
Es gab staatlich vorgegebene Preise und keine
Kosten-Nutzen-Rechnungen. Die Vertragsarbeit war nur formeller
Natur.
Heute wird mit EAS auf dem Großrechner der HEW abgerechnet.
Die Preise sind an den Kosten und am Markt orientiert.
Nach der Wende wurden die Aufgaben in Anlehnung an
westdeutsche EVU neu verteilt. Die Consulectra beschäftigte sich
mit Arbeitsabläufen, Schnittstellen, dem
Energieabrechnungssystem etc. Die Hauptabteilungsleiter stellte
die HEW und die Vorlagen für die Aufgabenbeschreibungen kamen
von der HEW.
In Boltenhagen wurden Workshops durchgeführt und es wurden
Arbeitsgruppen für die verschiedenen Bereiche gebildet. In
Befragungen wurde der Ist-Zustand aufgenommen. Meinungen wurden
gesammelt und flossen in die neue Struktur ein. In den Aufgaben
gab es z.B. folgende Veränderungen: Marktorientierte
Preisbildung, bessere statistische Aufarbeitung, Zusammenarbeit
mit Städten und Gemeinden, Dienstleistungen wie Kundenberatung,
kommunale Dienste, Nutzung regenerativer Energie, Entsorgung,
Marktpartnerbetreuung. Alles nach wirtschaftlichen Kriterien.
Die Ausgliederung zu den Stadtwerken Schwerin nahm ein
Viertel des Stromverkaufs mit und zog einschneidende Änderungen
nach sich. Z.B. wurde die Abt. Vertriebwirtschaft in eine Gruppe
umgewandelt.
4. Interview mit Ullrich Güßmann
Die Struktur des Energiekombinates war anders als die der
WEMAG, weil das Energiekombinat eine andere Aufgabe als die
WEMAG hatte.
Im Mittelpunkt stand die Umsetzung der zentralen Aufgaben und
nicht, wie heute, das wirtschaftliche Arbeiten.
Es gab auch Nachrechnungen und Kontrollen, aber die
Wirtschaftlichkeit des Gesamtunternehmens wurde nicht
betrachtet.
Es galten feste Preise, es wirkte kein wirtschaftlicher
Druck, die Mittel mußten nicht selbst erwirtschaftet werden.
Gewinne wurden an den Staatshaushalt abgeführt.
Durch mangelnden Einblick der Planungsorgane wurde falsch
geplant, z.B. 1000 Strickmaschinen in einem Jahr anzufertigen,
500 wurden aber nur gebraucht. Die anderen 500 kamen 3 Jahre
lang auf Lager. Dafür hätte etwas Wichtigeres hergestellt werden
können. Eine allgemeine staatliche Planung kann nie alle
Eigenheiten in den Betrieben berücksichtigen.
Der Generaldirektor übernahm die Planwerte von der
Staatlichen Plankommission und hatte die vorgegebenen Werte
umzusetzen (die meist schon unreal waren).
Zu DDR-Zeiten gab es keinen Konkurrenzdruck. Die Preise waren
nicht kostendeckend, sondern staatlich subventioniert. Die
Finanzen wurden knapper, die Wirtschaftlichkeit war nicht mehr
da.
Die Gewinne blieben nur in kleinem Umfang in den Betrieben,
sonst wäre in der DDR die Finanzierung von Sozialwesen, Armee,
MfS etc. nicht möglich gewesen.
Strukturen des Energiekombinats waren vom Staat vorgegeben.
Heute wird die Struktur nach den Aufgaben erarbeitet, dabei hat
das Unternehmen sich nach der gesetzlichen Verantwortlichkeit zu
richten.
Die Umsetzung der Aufgaben war damals anders als heute.
Z.B. das Anschlußwesen. Zu DDR-Zeiten gab es bestimmte
Vorschriften zum technischen Anschlußwesen. Alle Anschlüsse im
Haushaltsbereich wurden vom Staat finanziert, waren für den
Kunden kostenfrei. Die Energiekombinate hatten die Aufgabe, die
Anschlüsse zu legen und zu verwalten. Oft legten die Kunden die
Anschlußleitungen selbst.
Nach der Wende kam die Verordnung, dass die Anschlusskosten
ab einem bestimmten Punkt an die Energieversorgungsunternehmen
zu erstatten sind. Die entsprechende Aufgabe umfaßt heute
Kundenberatung, Planung, Betreuung, Bauausführung, Abnahme und
Inbetriebnahme. Dazu sind andere Strukturen notwendig.
Damals gab es volkseigene Anschlüsse und kundeneigene
Anschlüsse (dann nur Verwaltung durch Energiekombinat). Heute
gehören alle Anschlußleitungen und Anschlüsse bis zu einem
bestimmten Punkt dem EVU.
Auch durch ganz neue Aufgaben wie Marketing und Controlling
ergaben sich Strukturveränderungen. Tarif- und Preisgestaltung
sind nicht mehr fest vorgegeben, das erforderte ebenfalls neue
Stellen.
Weil der Kunde heute die Auswahlmöglichkeit zwischen Strom,
Gas u.a. hat, ist Beratung und Betreuung erforderlich, um den
Kunden beim Strom zu halten. Für ihn sind im Rahmen des
Unternehmens günstige Konditionen zu schaffen. In dem
Zusammenhang ist das Abnahmeverhalten Tag/Nacht sowie
Sommer/Winter herauszufinden.
Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit bestimmt heute die
Abwicklung der Aufgaben. Damals gab es feste Strompreise. Heute
kann der Kunde durch sein Abnahmeverhalten die Preise
beeinflussen. Veränderungen bei den Preisen führen zu
Veränderungen im Bereich Tarife/Verträge. Der Umsatzgewinn ist
im Preisgefüge eingerechnet. Grundlage bilden die Tarifpreise,
die vom Wirtschaftsministerium genehmigt werden und die
Sondervertragspreise, die frei in Verträgen abschließbar sind
unter Beachtung der jeweiligen Kostendeckung.
In der Abteilung Stromanwendung und -versorgung (VS) ist ein
mehr kaufmännischer Teil (Tarife und Verträge) und ein mehr
technischer Teil (Anschlußwesen) zusammengefaßt. Die
Zusammenfassung der Planstellen zu Abteilungen erfolgte nach
wirtschaftlichen Gesichtspunkten und nach dem Zusammenhang der
Sachgebiete. Im Bereich Anschlußwesen werden Kundenanträge
eingereicht, alle kundenrelevanten Daten für künftige Kunden
aufgenommen und die technische Abandlung (Bau) vollzogen. Nach
Fertigstellung der Anlage ist als nächster Schritt die Frage der
Art der Stromversorgung zu bearbeiten. Das ist Aufgabe des
Bereiches Tarifkunden. Hier erfolgt die Strompreisgestaltung ,
die Gestaltung der Tarife und der entsprechenden Verträge. Also:
Technischer Anschluß + Stromlieferung = Stromanwendung und -versorgung.
Im Zuge der Neustrukturierung nach der Wende wurden von der
Consulectra (Zur HEW gehörende Unternehmensberatung) Befragungen
durchgeführt und berücksichtigt. In Seminaren wurden
verschiedene Lösungen vorgestellt. Die Leitungshierarchie konnte
mitwirken und sichten, welches die zum damaligen Zeitpunkt
optimale Variante sein könnte. Grundstrukturen wurden von der
Consulectra richtig überlegt, aber inzwischen ist eine
optimalere Gestaltung nötig, z.B. läuft die Arbeitsteilung
zwischen Vertrieb, Netz und Technik nicht optimal und erzeugt
sehr hohen Arbeitsaufwand. Es bestehen auch neue Anforderungen
an die Vertriebsgruppen Mitte und Nord durch Ausgliederung der
Netzdienstellen Schwerin und Güstrow zu den Stadtwerken.
Die Abteilung ist das Aushängeschild gegenüber dem Kunden.
Ihre Vorgänger im volkseigenen Energiekombinat waren (jeweils
für ein Teilgebiet): Abt. Territorialer Energieträgereinsatz (z.T.
auch für heutige Vertriebswirtschaft), Abt. Energieanwendung (z.T.
auch für heutige Vertriebswirtschaft), Abt. Energielenkung und
-planung (z.T. auch für heutige Vertriebswirtschaft), die
Ingenieurbereiche der Elt-Verteilung (überwiegend jetzt die
Netzdienststellen).
5. Interview mit Anke Stein
Im Energiekombinat war die Energieabrechnung eine
Hauptabteilung, bestehend aus drei territorialen
Abrechnungsstellen für Tarifkunden, in denen Außen- und
Innendienst zusammen organisiert waren, der Absatzorganisation,
die sich mit dem Rechenprogramm ESER beschäftigte (vergleichbar
einer heutigen EDV-Verbindungsstelle) sowie der Gruppe Groß- und
Sonderabnehmer.
Die Energieabrechnung erfolgte in der DDR mit einem für alle
Betriebe und Kombinate einheitlichen System: ESER.
Gesetzliche Grundlagen waren die Energie-Tarif-Bestimmungen
für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Sie enthielten
allgemeine Bestimmungen, z.B. darüber, wie ein
Energieliefervertrag zustande kam. Der Preis enthielt 2
Bestandteile, den Arbeitspreis (für die verbrauchte Menge) und
den Grundpreis (in Haushalten 50 Pf. pro Raum und Monat und im
Gewerbe nach der Anschlußleistung).
Tarifkunden wurden einmal jährlich abgerechnet, dazu gab es
vierteljährliche Festbeträge.
In den Energiebrechnungsstellen Arbeitsteilung in
Änderungsdienst, Forderungsbearbeitung und Außendienst.
Der Außendienst umfaßte Tätigkeiten wie Ablesen der
Zählerstände (z.T. auch mit Hilfe von Ablesekarten), Kassieren
der Festbeträge bei Barzahlung, Inkasso, Sperrung des Verbrauchs
etc. Es gab fest angestellte Kassierer und nebenberufliche
Auftragskassierer. Z.T. erfolgte die Kassierung der Festbeträge
auch über Zahlscheine im Postversand und Abbuchung.
Die Abrechnung mit ESER erfolgte nicht im Energiekombinat,
sondern auf dem Großrechner im Datenverarbeitungszentrum
Schwerin. Änderungsmeldungen und Stände wurden an das DVZ
gegeben. Die Kundenverwaltung im Energiekombinat wurde manuell
in Büchern vollzogen.
Es gab keine individuellen Kundenkonten. Die Abnehmernummer
richtete sich nach dem Zähler, sodaß nacheinander in einer
Wohnung wohnende Mieter dieselbe Abnehmernummer hatten.
Schwierigkeiten ergaben sich dann, wenn Zahlungen des
Nachmieters gegen Forderungen an den Vormieter abgegrenzt werden
mußten.
Die manuell geführten Bücher gingen einmal jährlich an das
DVZ, wo die Zählerstände eingegeben und die Jahresrechnungen
erstellt wurden. Die Verbrauchsabrechnung wurde rollierend übers
Jahr verteilt durchgeführt. 3 Monate später erhielt der Kunde
die Rechnung. Dadurch günstigere Arbeitsverteilung gegenüber
einer Stichtagsablesung für alle.
Der Kunde konnte überweisen oder bar zahlen. Konten wurden
bei den Postgiroämtern Magdeburg und Leipzig sowie bei der
Staatsbank der DDR geführt. Die Zahlungseingänge erschienen auf
dem Kontoauszug - damit wurde manuell gebucht.
Die Forderungsbearbeitung begann, wenn die Abbucher abgebucht
und die säumigen Barzahler in einer sogenannten Restantenliste
vermerkt waren. Die Kunden wurden nach den politischen Kreisen
auf die Mitarbeiter aufgeteilt. Nach 2 Mahnungen bestand die
Möglichkeit der Stromabschaltung. Dann gerichtliche
Zahlungsaufforderung über gerichtliches Mahnwesen. Dieses
gehörte auch zur Energieabrechnung, während es heute zur
Rechtsabteilung gehört. Die Betriebe waren verpflichtet, am
Lastschriftverfahren teilzunehmen. So war dort die
Forderungsbearbeitung gering.
Mitte der 80-er Jahre wurden Verzugszinsen eingeführt. 10%
bei 1.Mahnung + 1,- M Mahnkosten und 20% bei 2.Mahnung + 2,- M
Mahnkosten. Die Verzugszinsen wurden in den verschiedenen
Energiekombinaten unterschiedlich gebucht, es war nur
vorgegeben, daß sie einzuziehen sind.
Weil für diese Aufgaben weitere Einstellungen gestoppt
wurden, kamen kaum neue Mitarbeiter hinzu. Als die manuelle
Bearbeitung dann zu umfangreich wurde, ging man dazu über, die
Zahlungsvorgänge maschinell zu buchen über ein Computerprogramm,
das dafür erarbeitet wurde. Manuelles Suchen fiel weg und war
nur noch nötig, falls etwas nicht zugeordnet werden konnte. Die
Computer gab es nur dort, wo die Zahlungseingänge und Restanten
erfaßt wurden.
Zwischenrechnungen wurden weiterhin manuell erstellt und über
Zahlungsbelege an das Rechenzentrum gegeben. Über ESER liefen
nur die Jahresrechnungen und die Schlußrechnungen.
Sondervertragskunden wurden auch über ESER abgerechnet,
entweder einmal monatlich oder einmal jährlich.
Mit der Währungsunion am 1. Juli 1990 kam auch ein
neues Bankensystem, das ESER nicht verarbeiten konnte. Die
Halbierung von Forderungen und Abschlägen verursachte großen
Aufwand. Neue Tarife galten ab 1.1.1991, dadurch
Stichtagsablesung für alle Kunden, z.B. Erhöhung von 8 auf 21
Pf. für Haushaltskunden.
Ende 1990 begann die Geschäftsbesorgung durch die HEW, ab
1991 wurde die Abt. Verkaufsabrechnung gebildet. Bis 1993 wurden
bei der Rechnungserstellung als Übergang das ESER-Programm und
neue Großrechner-Terminals doppelgleisig gefahren. Mit Hilfe
einer Projektgruppe wurde das Energieabrechnungssystem EAS
eingeführt. Im Zuge damit Kundenanlagenbegehungen mit Aufnahme
der Kundendaten, Name, Branche etc.
Ab Anfang 1993 Überleitung in EAS in 3 Schüben. Weiter Fahren
mehrerer Systeme verbunden mit viel zusätzlicher Arbeit.
Durchführen von Mitarbeiterschulungen.
Ab 1994 Konzentration auf EAS. Weil das EAS-Standardprogramm
nicht auf die WEMAG zugeschnitten ist, muß es durch die Gruppe
DV-Systembetreuung betreut werden.
Die Gruppe Außendienst ist in 5 Gebiete eingeteilt. Die
Ableser lesen nur noch den Zählerstand ab und kassieren nicht
mehr vor Ort.
Die Gruppe Tarifkunden bedient die Kunden im Innendienst. Die
Sachbearbeiter arbeiten mit festem Kundenkreis analog dem
Außendienst. Sie bearbeiten Veränderungen der Kundendaten, die
Prüfliste (prozentuale Abweichungen zum Vorjahr),
Rechnungsprüfung, Mahnungen (Erinnerungen, Mahnungen mit
Sperrandrohung, Inkassoaufträge mit Sperrung), Reklamationen.
Das vorgerichtliche Mahnwesen erfolgt in dieser Gruppe
(Aufbereitung).
Der Sachbearbeiter Zahlungsverkehr kümmert sich um die
maschinelle Abstimmung der Zahlungen von Tarifkunden, um die
Ablesekarten, um die Forderungsabstimmung etc.
Der Mitarbeiter für Grundsatzfragen erstellt Konzeptionen,
Arbeitsanweisungen etc.
Neue Anforderungen ergaben sich nach und nach durch die
Ausgliederung von Kunden zu Stadtwerken, durch die Abspaltung
der Gasversorgung (im Energiekombinat wurde Strom und Gas
abgerechnet) und durch sogen. Betriebsentflechtungen (aus einem
größerem Betrieb wurden mehrere kleinere).
Es gab viele Änderungsdaten im EAS durch diverse
Gewerbeanmeldungen und -zusammenbrüche. Für Betriebe ist heute
auch Barzahlung möglich. Ehemalige Sonderkunden mit jährlicher
Abrechnung (z.B. Polizei, Armee) sind heute in normale Verträge
eingeordnet.
6. Interview mit Manfred Hering
Zu DDR-Zeiten waren die Meisterbereiche Zählerwesen den
Energieversorgungsbetrieben unterstellt und wurden durch
Mitarbeiter des Direktors für Produktion fachlich angeleitet.
Das Zählerlager war wie heute zentral. Die Zählerverwaltung
erfolgte manuell und mit dem EDV-Programm ESER.
Die von den Monteuren geschriebenen Zählermontage-Belege mit
niedriger Datenqualität gingen über die Energieabrechnung. Dort
wurden sie nach deren Erfordernissen an das DVZ zur
elektronischen Verarbeitung weitergereicht. Das hatte zur Folge,
daß die Daten teilweise schon veraltet waren (ein Beleg konnte
bis zu einem Jahr liegenbleiben) und daß dadurch beispielsweise
nur ungenaue Statistiken erstellt wurden.
Wenn die Daten eingegeben waren, dann waren Turnustausch,
Ablesungen etc. ordentlich möglich. Zu DDR-Zeiten waren also die
technischen Daten aus dem Zählerwesen und die kaufmännischen
Daten aus der Energieabrechnung nicht immer auf dem gleichen
Stand aktuell. Heute verändert der, der die Daten eingibt, damit
auch die anderen Änderungen.
Der Turnustausch wurde im Energiekombinat von eigenem
Personal durchgeführt, heute werden Fremdfirmen damit
beauftragt.
Früher war für jeden Kunden ein Stammblatt im
Abrechnungsbuch. Bei Kassierung vor Ort war das Buch draußen.
Bei Kundenanfragen im Energiekombinat konnte der Innendienst
dann keine Auskünfte geben.
Arbeit über Bildschirm war nicht möglich, der Zugriff auf die
Daten über Computer ebenfalls nicht. Heute ist der Zugriff auf
die Kundendaten über den Bildschirm jederzeit möglich.
Zu DDR-Zeiten war die Zählerbeschaffung auf die RGW-Länder
begrenzt. Der Hauptanteil kam aus Polen, Rumänien und Ungarn.
Auf RGW-Beschluß wurde die Zählerproduktion der DDR ab 1972
eingestellt.
Die zentrale Beschaffung für die gesamte DDR oblag dem
Energiekombinat Dresden. Im Energiekombinat Schwerin gehörte die
Zählerbeschaffung zum Aufgabenbereich der Gruppe Zählerwesen.
Sie gab eigenständig Bedarfsmeldungen an das Energiekombinat
Dresden.
Heute wird die Zählerbeschaffung in Zusammenarbeit mit der
Hauptabteilung Materialwirtschaft abgewickelt. Die technischen
Vorgaben gibt das Zählerwesen an, die kaufmännische Seite wird
durch die Hauptabteilung Materialwirtschaft bearbeitet.
Verkaufsverhandlungen werden gemeinsam geführt.
Heute besteht die Möglichkeit der europaweiten Ausschreibung
für die Zählerbeschaffung. Auswahlkriterien bilden Lieferzeit,
technische Parameter, Preis, Qualität.
Heute werden Zähler für 16 Jahre beglaubigt (Eichfrist für
normale Zähler). Vor Ablauf der 16 Jahre über
Stichprobenverfahren Prüfung. Auswahl von 40 aus 10 000 Stück.
1-2 dürfen abweichen. Dann Verlängerung um 4 Jahre. Dann
Wiederholung der Stichprobe und Verlängerung solange, wie die
Prüfung noch positiv ausfällt.
Zu DDR-Zeiten ähnliches Vorgehen, aber nicht das
Beglaubigungs- sondern das Einbaujahr war ausschlaggebend. Die
Bewertung erfolgte auf den Typ bezogen. Die Stichproben aus
allen Energiekombinaten wurden im Energiekombinat Dresden
geprüft. Die Prüfungen wurden im 5-Jahrplan-Zyklus geplant.
Zu DDR-Zeiten gab es große Probleme mit den Fahrzeugen. Das
Benzin war limitiert, die Fahrzeuge veraltet.
Nach der Wende wurden Zähler mit elektronischem Zählwerk
eingeführt, z.B. Leistungszähler bei Großkunden. Auf Grundlage
der in der Zukunft nötigen Arbeit wurden entsprechende Stellen
geplant.
Die Unternehmensberatung Consulectra führte Befragungen und
Workshops auch zum Zählerwesen durch. Das Zählerwesen wurde dem
Vertrieb zugeordnet, weil hier die meisten Schnittstellen
vorhanden waren. Bei Großvorhaben erarbeitet ein
Projektierungsingenieur die Aufgabenstellung, die
Lieferbedingungen gestaltet die Abt. Vertriebswirtschaft.
Meßsätze sind Zähler mit besonderer Arbeitsweise, z.B.
Messung nur zu bestimmten Zeiten oder Leistungsmessung. Nur die
Sondermeßsätze werden direkt durch das Zählerwesen betreut.
Im Laufe 1995 soll das Zählerwesen zur Hauptabteilung Technik
gehören.
7. Interview mit Rainer Künzel
In der DDR standen 20 000 MW elektrische Leistung zur
Verfügung, nur soviel konnte verteilt werden. 450 MW waren für
das Energiekombinat Schwerin, im Süden der DDR lag der höchste
Verbrauch.
Früher war die Verteilung des Stroms die Hauptsache, da es
zuwenig gab. Das Geld spielte keine Rolle, durch niedrige, feste
Strompreise gab es keinen Anreiz zum Sparen.
Heute spielt das Geld die Hauptrolle. Strom ist genug da,
aber er ist sehr teuer und nicht für jeden bezahlbar.
Das Energiekombinat steuerte, was von den Abnehmern gemacht
werden konnte. Heute werden von den Kunden Forderungen gestellt,
die erfüllt werden müssen.
Die heutige Abteilung Verkaufsabrechnung ist aus der
damaligen Hauptabteilung Energieabrechnung hervorgegangen.
Die Abrechnungs-EDV war damals nicht in die Hauptabteilung
Energieabrechnung eingegliedert, sondern sie gehörte zur
EDV-Abteilung, die dem Generaldirektor unterstellt war. Sie
betreute die Erstellung der Energierechnungen. Das
Abrechnungssystem hieß ESER. Bestimmte Sachen wurden damals per
Hand abgerechnet, z.B. Korrekturen, Nachberechnungen, Baustrom.
Am Arbeitsplatz gab es keine Bildschirme.
Die heutige Gruppe DV-Systembetreuung hat die weiteste
Zugriffsberechtigung auf das Abrechnungssystem, die Gruppe
Außendienst die wenigste. Die Zugriffsberechtigungen ergeben
sich aus der Kompetenz und den Aufgaben. Für die Gruppe
Tarifkunden ist z.B. keine Zählerdatenveränderung möglich.
Abrechnungs-Formbriefe muß die Gruppe DV-Systembetreuung an
die Organisationsabteilung geben. Schließlich gehen sie zur HEW.
Die Umstrukturierung lief schrittweise ab. Zuerst waren das
Mahnwesen und die Gruppe ESER noch drin, weil es noch
nichtübergeleitete Kunden gab.
Eine Rechnung verjährt 2 Jahre nach der Rechnungserstellung.
Ab April 1993 dann nur noch EAS. Es mußten 160 000
Kundenanlagenbegehungen durchgeführt werden, im Dez. 94 gab es
nur noch 300 unbearbeitete Fälle. Die Kundennummern-Systematik
im alten und im neuen System ist unterschiedlich.
Früher wurde die Nummer des Herstellerbetriebes als
Zählernummer geführt, heute wird eine eigene WEMAG-Nummer als
Zählernummer zusätzlich geführt. Alle Zähler mußten damit
versehen werden.
8. Interview mit Karin Birzer
Heute wird bei den Energieversorgungsbetrieben unterschieden
in Regionalversorger und Stadtversorger. Im 1. Stromvertrag
(1990) wurden für das Gebiet der ehemaligen DDR 3 große
West-Stromversorger zugeordnet. Im 1. Halbjahr 1990 waren durch
das Energiekombinat Schwerin Kontakte zur Schleswag AG geknüpft
worden. Schleswag ist ein Regionalversorger mit Sitz in
Rendsburg und gehört der Preußen-Elektra AG. Sie wäre Partner
des EK Schwerin geworden. Die Schleswag AG ist auch
Flächenversorger, ähnlich wie die WEMAG. (Positiv).
Wegen Bemängelung durch das Bundeskartellamt wurde eine 2.
Fassung des Stromvertrages ausgearbeitet. Jetzt 6 große
Strompartner für das Gebiet der ehemaligen DDR. Dem
Energiekombinat Schwerin wurden die Hamburgischen
Electricitätswerke AG zugeordnet.
Die HEW hält 51 % der WEMAG-Aktien und ist auch Teilaktionär
der Dresdner Energieversorgung. Sie ist durch umfangreiche
eigene Erzeugerkapazität (Atomkraftwerke) größer als ein
übliches Stadtwerk. Die Zuordnung der HEW war eine politische
Entscheidung, marktwirtschaftlichen Grundsätzen folgend.
Der Verbund mit den HEW brachte eventuelle Nachteile mit
sich:
Bei den HEW sind Sturmstörungen kein Thema, weil
hauptsächlich die Kabel in der Erde und keine Freileitungen im
Stadtgebiet. So gab es schon kritische Situationen, weil die
Gefahr durch die Leitung nicht berücksichtigt wurde. Beim
Energiekombinat gab es bei Störungsgeschehen operative Stäbe,
die auch nachts einsatzbereit waren. Es gab den Chef vom Dienst,
Sekretariat usw. Das wurde auch bei der Schleswag AG ähnlich
organisiert, auch dort ist ein dünn besiedeltes Land mit
Freileitungen wie in Mecklenburg-Vorpommern. Die Verbindung mit
dem natürlichen Nachbarn wäre sowieso günstiger gewesen, weil
direkter Verbundbetrieb möglich. Mit HEW ist das nicht möglich.
Bei den HEW konzentriert man sich nur auf Strom, also wird
ein Trend zur Abspaltung von Gas, Öl und Kohle bei der WEMAG
erzeugt. In der DDR waren dagegen alle Energieträger unter einem
Hut. Sie wurden einheitlich in Kalorien umgerechnet und
gemeinsam bilanziert.
Die HEW stellte Berater (z.B. für den finanziellen Bereich)
als Erfahrungsträger sowie Computertechnik. Die WEMAG ist an den
Großrechner der HEW angeschlossen und nutzt diesen mit.
9. Interview mit Heike Danker
Im Energiekombinat wurden vor allem Gewerbe- und
Industriebetriebe beraten, heute ist die Beratung überwiegend
für Haushalts- und Tarifkunden.
Nach der Wende wurde in Zusammenarbeit HEW und WEMAG in der
Geschäftsführung beschlossen, eine Kundenberatung aufzubauen.
Über Stellenausschreibungen konnten sich Interessenten aus
Hamburg und Schwerin melden. Bewerbungen kamen aus den
unterschiedlichsten Bereichen, z.B Diplomkauffrauen, Ingenieure,
Maschinenbauer. Auswahlkriterien waren der Umgang mit Menschen,
die fachliche Ausbildung (Gerätekunde über Haushalts-,
Wärmespeicher- Warmwassergeräte), Beratungsmethodik und
Gesprächstechniken. Z.T. gab es Schulungen in Hamburg mit
dortigen Kollegen und mit freien Kommunikationstrainern.
Nach und nach wurde die Kundenberatung aufgebaut. Eine
geeignete Immobilie wurde gesucht. 1992 wurde die
Kundenberatungsstelle am Obotritenring eingerichtet. Davor
liefen alle Kundenkontakte und persönlichen Gespräche direkt bei
der Abrechnungsstelle der Verkaufsabrechnung. Parallel wurde
eine mobile Kundenberatung eingerichtet (VW Passat mit
Wohnwagenanhänger). Jetzt existieren 4 stationäre und 3 mobile
Beratungsstellen im WEMAG-Einzugsbereich.
1993 60 000 Kunden in der Kundenberatung
1994 70 000 Kunden in der Kundenberatung
Kernaufgaben der Kundenberatung:
Führen der Kundenkasse (30 % aller Stromrechnungen und
Abschläge werden bar bezahlt). Gründe für Barzahlung: mangelndes
Vertrauen in bargeldlosen Zahlungsverkehr, "ein bißchen reden".
Kundenberatung zur Stromanwendung und zu Energiesparmaßnahmen
im Haushalt, z.B. Wärmepumpe, Warmwasser, Informationen über
neue Techniken, Nachtspeicherheizung, Blockspeicher,
Installationspläne.
Herstellerneutrale Geräteberatung aus den Anforderungen der
Kunden. Dazu Informationseinholung von Herstellerfirmen und
Computerprogramm zur Geräteberatung.
Beratung zur Raumheizung und Warmwasserbereitung.
PC-gestützte Küchen- und Badplanung
Hauswirtschaftliche Veranstaltungen für diverse Zielgruppen,
z.B. Nutzanwendung Elektroherd und Mikrowelle,
Weihnachtsbackveranstaltung, Veranstaltungen für Schüler,
Hausfrauen, Lehrer, Installateure, Architekten.
Erarbeiten und Realisieren von Ausstellungskonzepten für die
Kundenberatung.
Planung und Organisation des Einsatzes der Informationsmobile
für Leute auf dem Land, die nicht zu den stationären
Kundenberatungsstellen kommen können.
Planen und Beschaffen von Werbematerial wie Feuerzeuge,
Kugelschreiber, Luftballons.
Im Dauerauftrag Weiterreichung von Um- und Abmeldungen,
Barzahlungen an die Verkaufsabrechnung. Die Mitarbeiter der
Kundenberatung haben durch Schulung gleichen Kenntnisstand in
EAS wie die Verkaufsabrechnung (Unterschriftsbefugnis bis 2000,-
DM). |