Aus dem Symposion (Gastmahl) -
Teil "Unterweisung der Diotima"
Danach wird er verstehen, daß das Schöne in jeglichem Körper dem
in jedem anderen verschwistert ist;
und daß es (falls man den Begriff „Das Schöne“ verfolgt) großer
Unverstand wäre, das in all den Körpern Schöne nicht für eines
und dasselbe zu halten;
Danach aber hält er das in den Seelen Schöne für herrlicher als
das in den Körpern,
und schaut darum das Schöne in den Bestrebungen und in den
Sitten an,
um wiederum von diesem zu erkennen, daß es sich überall
verwandt ist.
Von dem Schönen der Bestrebungen aber wird er weiter zu den
Erkenntnissen gehen,
damit er auch die Schönheit der Erkenntnisse schaue; bis er
eine bestimmte Erkenntnis erblicke,
welches die Erkenntnis eines folgendermaßen Schönen ist:
Er
wird plötzlich ein von Natur wunderbares Schönes erkennen; eben
jenes selbst,
um dessen willen er alle bisherigen Anstrengungen gemacht hat:
welches zuallererst immer ist und weder entsteht noch vergeht,
weder wächst noch abnimmt.
Nicht in bezug auf dieses schön, in bezug auf jenes aber häßlich
ist,
nicht mal doch und mal nicht, nicht in Vergleich hiermit schön,
im Vergleich damit aber häßlich,
nicht hier schön und dort häßlich, als sei es für die einen
schön, für die andern aber häßlich.
Auch offenbart sich ihm dieses Schöne
nicht wie ein Gesicht, wie Hände oder irgendetwas anderes, das
am Körper teilhat,
nicht als etwas Sprachliches, nicht als Erkenntnis noch als
irgendwo in etwas anderem seiend
(etwa einem Lebewesen, der Erde oder dem Himmel, noch irgend
etwas anderem);
Sondern: An sich und für sich und mit sich eingestaltig
immerseiend.
Alle vergänglichen schönen Dinge erscheinen ihm aber als an
jenem teilhabend,
und zwar auf eine solche Weise daß, wenn auch die anderen Dinge
entstehen und vergehen,
jenes Schöne doch nie davon mehr oder weniger wird oder
irgendetwas erleidet.
Denn dies ist die rechte Art , daß man von dem einzelnen Schönen
beginnend,
jenes einen Schönen wegen immer höher hinaufsteige,
gleichsam stufenweise:
von einem zu zweien und von zweien zu allen schönen Körpern, und
von den schönen Körpern zu den schönen Sitten und
Handlungsweisen,
und von den Sitten zu den schönen Kenntnissen, bis man von den
Kenntnissen endlich zu jener Kenntnis gelangt, welche von
nichts anderem als von jenem Schönen selbst die Kenntnis ist,
und man also zuletzt jenes selbst, was schön ist erkenne.
Und an dieser Stelle des Lebens, wenn überhaupt irgendwo,
ist dem Menschen das Leben lebenswert,
wo er das Schöne selbst schaut.
Immanuel Kant ( 1724 - 1804 )
In „Kritik der Urteilskraft“
Schön ist, was ohne Begriff als
Gegenstand eines notwendigen Wohlgefallens erkannt wird.
Das Wohlgefallen, welches das
Geschmacksurteil bestimmt, ist ohne alles Interesse.
Der Gegenstand eines solchen
reinen uninteressierten Wohlgefallens ist schön.
Johann Wolfgang Goethe ( 1749 - 1832 )
1805 über Schiller
Indessen schritt sein Geist gewaltig
fort ins Ewige des Wahren, Guten, Schönen,
Und hinter ihm, im wesenlosem Scheine,
lag was uns bändigt, das Gemeine.
In
„Faust zweiter Teil“
Zum
Sehen geboren, zum Schauen bestellt,
dem
Turme geschworen, gefällt mir die Welt.
Ich
blick' in die Ferne, ich seh' in der Näh'
den
Mond und die Sterne, den Wald und das Reh.
So
seh' ich in allen die ewige Zier,
und
wie mir's gefallen, gefall' ich auch mir.
Ihr
glücklichen Augen, was je ihr gesehn,
es
sei wie es wolle, es war doch so schön!
In
„Maximen und Reflexionen“
Das
Schöne ist eine Manifestation geheimer Naturgesetze, die uns ohne
dessen Erscheinung ewig wären verborgen geblieben.
1827 zu Eckermann
So
ist die Eiche ein Baum, der sehr schön sein kann. Doch wie viele
Umstände müssen zusammentreffen, ehe es der Natur einmal gelingt,
ihn wahrhaft schön hervorzubringen. ...
...Ein sandiger oder mit Sand
gemischter Boden, wo ihr nach allen Seiten hin mächtige Wurzeln zu
treiben vergönnt ist, scheint ihr am günstigsten zu sein. Und dann
will sie einen Stand, der ihr gehörigen Raum gewährt, alle
Einwirkungen von Licht und Sonne und Regen und Wind von allen Seiten
her in sich aufzunehmen.
Im behaglichen Schutz vor Wind und
Wetter herangewachsen, wird aus ihr nichts; aber ein hundertjähriger
Kampf mit den Elementen macht sie stark und mächtig, so daß nach
vollendetem Wuchs ihre Gegenwart uns Erstaunen und Bewunderung
einflößt.
Fjodor Dostojewski ( 1821 bis 1881 )
In „Über russische Literatur“
Das Bedürfnis nach Schönheit und nach der sie gestaltenden
schöpferischen Betätigung gehört untrennbar zum Menschen, und
ohne Schönheit wollte der Mensch vielleicht gar nicht leben.
Rudolf Steiner ( 1861 bis 1925 )
Das
Schöne bewundern, das Wahre behüten, das Edle verehren, das Gute
beschließen:
Es führet den Menschen im Leben zu
Zielen, im Handeln zum Rechten, im Fühlen zum Frieden, im Denken
zum Lichte
Und lehrt ihn vertrauen auf
göttliches Walten in allem was ist: Im Weltenall, im
Seelengrund.
Pawel Florenski ( 1882 - 1937 )
In
„Der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit”
„Das Wahre, das Gute und das Schöne” - diese metaphysische Trias
- sind nicht drei verschiedene Prinzipien, sondern eines. Es ist
ein und dasselbe geistige Leben, jedoch von verschiedenen
Gesichtspunkten aus betrachtet.
Das geistige Leben, das von dem Ich ausgeht und im Ich seinen
Mittelpunkt hat, ist die Wahrheit.
Als unmittelbare Wirkung eines anderen wahrgenommen, ist es das
Gute.
Von einem dritten gegenständlich angeschaut, als nach außen
strahlend, ist es das Schöne.
Bertolt Brecht ( 1898 - 1956 )
Sich erinnernd an die dunklen,
leeren Äste im Winter sieht man den blühenden Apfelbaum mit noch
mehr Freude.
Herlinde Grobe und Reinhard Deutsch (
)
Am Anfang war nur Himmel und Erde und
über dem Wasser lag schweigende Nacht.
Dann kam das Licht - dann kam das
Leben, doch was hat die Welt erst fröhlich gemacht?:
Das erste Lied und die Musik, was
irgendwann einmal begann, es war des Schöpfers Meisterstück!
Das erste Lied, der erste Klang
begleitet uns noch heut und bleibt ein Leben lang.
Ken Wilber ( 1947 - )
In „The Eye of Spirit“
(Deutsch erschienen unter „Das Wahre, Schöne, Gute“)
Integrale Philosophie koordiniert also
auf der Verstandesebene das Wahre, das Schöne und das Gute, webt aus
den vielen Gesichtern des Geistes ein Mandala und lädt uns zu
eigener spiritueller Praxis ein, damit wir schließlich dem Geist von
Angesicht zu Angesicht begegnen.
Mit der Wissenschaft gelangt man zum Wahren, dem „Es“ des Geistes.
Mit der Ethik gelangt man zum Guten, dem „Wir“ des Geistes.
Was kann dann ein integraler Ansatz
über das Schöne aussagen, das „Ich“ des Geistes selbst? Was sieht
man letztlich, wenn man im Auge des Geistes, dem Ich des Geistes,
ist?
Wenn man einen schönen Gegenstand betrachtet, sei er natürlich oder
ein Artefakt, stellt man jede andere Aktivität ein und gewahrt nur
noch.
Man ruht bei der Welt, wie sie ist, nicht so, wie man sie haben
will. ... Man schaut, manchmal ehrfürchtig, manchmal schweigend,
aber immer hört die rastlose Bewegung auf, die sonst das Merkmal
eines jeden wachen Moments ist.
Große Kunst hebt die Rückwärtswendung des Auges, das Klagen über die
Vergangenheit, die Sorge vor der Zukunft auf.
Stelle dir den schönsten Menschen vor, den du kennst. Stelle dir den
Augenblick vor, als du ihm oder ihr in die Augen blicktest und für
eine flüchtige Sekunde gebannt warst: ... Die Zeit blieb stehen, und
du starrtest gebannt in diese Schönheit. Stelle dir jetzt vor, daß
dieselbe Schönheit dir aus jedem einzelnen Ding im ganzen Universum
entgegenstrahlt: jedem Stein, jeder Pflanze, jedem Tier, jeder
Wolke, jedem Menschen, jedem Gegenstand, jedem Werk, jedem Bach, ja
selbst aus den Müllhaufen und gescheiterten Träumen ....
Diese alles durchdringende Schönheit
ist keine Übung in schöpferischer Phantasie. ... sie ist wahrhaftig
jetzt in diesem Augenblick die wirkliche Natur des Kosmos.
Wenn die Tore der Wahrnehmung
aufgestoßen sind, ist der ganze Kosmos ... das ursprüngliche Antlitz
der ursprünglichen Schönheit ...
Redewendung im Deutschen
Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.
Gerhard
Höllerich
(Roy Black) ( 1943 - 1991)
Populäres Lied
Schön ist es auf der Welt zu sein,
wenn die Sonne scheint für groß und
klein.
Du kannst atmen, Du kannst gehn,
Dich an allem freun und alles sehn !
Schön ist es auf der Welt zu sein,
sagt die Biene zu dem Stachelschwein.
Du und ich, wir stimmen ein:
schön ist es auf der Welt zu sein.
Spiel die Melodie